Fortsetzung Olympiaglocke IV
08.01.2023
Für den Glockenguss waren 16000kg flüssiger Stahl erforderlich gewesen, das Glockengewicht betrug 10426kg und mit dem Glockenjoch dann 13841kg. An dieser Stelle der Hinweis, dass durchaus unterschiedliche Gewichtsangaben zur Olympiaglocke in der Literatur, Presse und auf Ansichtskarten existieren. Der Jochbogen zur Aufhängung brachte das Höhenmaß von 2,6 auf 4,3m und allein der Durchmesser am unteren Glockenrand betrug schon 2,8m. Die nachfolgende Aufnahme aus der Ausgabe der Bilder-Woche vom 1. Februar 1936 dokumentiert die Vorbereitungen für den 600km langen Straßentransport von Bochum nach Berlin.

Die fertige Olympiaglocke erhält in Bochum oben vor dem Bochumer Rathaus
ihre Aufhängung (Glockenjoch) vor dem Transport nach Berlin.
Links Fassade der ehemaligen Schlegel-Brauerei (Hinweis von Michael Bieber)

Das vorstehende Pressefoto der AFA MILANO vom 16.1.1936 dokumentiert die geschmückte Olympiaglocke in Bochum fertig für den Transport mit Jochaufbau auf dem zweiteiligen Straßenroller der Firma CULEMEYER. Mit der Abfahrt am 16. Januar 1936 in Bochum standen für die kommenden 10 Tage 600 Streckenkilometer bis Berlin bevor.
Statt "Strassenroller" war für die Schwertransporte der Begriff „Culemeyer“ in der Bevölkerung und unter den Fachleuten synonym geworden, die Johann Culemeyer für die Deutsche Reichsbahn ab dem Jahr 1930 entwickelt hatte. Für die Olympiaglocke war dies übrigens der Typ R 40 in zweiteiliger Form (verbunden über eine absenkbare Führungsstange) mit insgesamt 4 Achsen und 16 Rädern und wurde hergestellt in der Gothaer Waggonfabrik und war ausgelegt für 40 Tonnen bei einer maximalen Transportgeschwindigkeit von 25km.

Die vorstehenden privaten Fotoschnappschüsse zeigen den Olympiaglockentransport auf einem unbekannten Wegstück der Strecke Bochum, Bielefeld, Hannover, Braunschweig, Magdeburg und Potsdam nach Berlin. In den angeführten Städten fand der Glockentransport aber dann jubelnde Zuschauermengen zum Empfang. Auf den Landstraßen waren sicherlich jedoch wohl mehr zufällig Zeugen mit einem griffbereiten Fotoapparat ausgestattet und hatten die Möglichkeit z.B. der obigen Dokumentation.

Am 27. Januar 1936 traf der Transport in Berlin ein und die Presse sprach von einem unvergesslichen Empfang und dazu oben ein Foto von diesem Tag von der französischen Presseagentur „FULGOR“ aus Paris mit einem Bild vom Glockentransport durch das Brandenburger Tor. Dieses Bildmotiv findet sich in ähnlichen Formen zahlreich als Schnappschuss in der olympischen Literatur. Aber auch für die Firma KAELBLE war dies Grund genug folgende Ansichtskarte zu kreieren.

Das Unternehmen KAELBLE - seit 1885 in Backnang tätig - war primär der Bevölkerung bekannt als Hersteller schwerer Zugmaschinen speziell auch für den oben vorgestellten „Culemeyer“. Dafür entwickelte Kaelble ab 1933 für die Schwertransporte auf der Straße der Deutschen Reichsbahn die Zugmaschine vom Typ “Z6R“ eine 3achsige Version, der später weitere Spezialzugmaschinen folgen sollten. Die obige Zugmaschine von Kaelble (Typ R 40) war für den Glockentransport mit der Olympiafahne und ihren Ringsymbolen über der Kühlerhaube geschmückt.

Die Übergabefeier in Berlin am 27. Januar 1936 fand (oben von links nach rechts auf einem Pressefoto der Zeitung Bilder-Woche und ihrer Ausgabe vom 29.Februar 1936) mit Staatsekretär a.D. von Lewald, Reichssportführer von Tschammer und Osten und Generaldirektor Dr. Borbet (Vorsitzender der Vereinigten Stahlwerke AG zu der auch der Bochumer Verein gehörte) statt. Die genannten Persönlichkeiten begrüßten die Ankunft der Glocke in Berlin als Symbol für das anstehende olympische Ereignis ab 1.August 1936. Die Festrede hielt dann Rudolf Heß als Stellvertreter Adolf Hitlers. Das Rednerpult mit Hakenkreuzfahne geschmückt zeigt schon hier die bevorstehende und ständig begleitende NS – Propaganda während des Olympiafestes.
Fortsetzung folgt.