Berlin Reichssportfeld und Sportorganisationen

2. Fortsetzung

19.09.2023

Schon im Rückblick auf das Turnfest in Coburg schreibt Theodor Georgii  im Turnfestbericht vom eigener fast messianisch gefühlter Aufgabe das Turnfest zur nationalen  Vereinigung deutscher Turner und speziell der Jugend  zu gestalten und  im erlebtem Ablauf  zum Ritual zu etablieren. Damit  verbunden  war  die vaterländische  Betonung und  das erhabene Gefühl einer massenhaften Gemeinsamkeit  mit begleitenden patriotischen Liedern  unter Fahnen und Bannern.  Es wurde ein  erfolgreicher Aufruf  und schon das Turnfest 1863 in Leipzig hatte 20.000 Teilnehmer.

 

Präsident Theodor Georgii auf dem Turnfest  Leipzig im Jahr 1863

Das Jahr 1863  verbunden  mit einem  50jährigen nationalen Gedenken an  die Völkerschlacht bei Leipzig  und  einem Fest mit  20.000 Turnern wurde der erfolgreiche Kristallisationspunkt aller weiteren deutschen Turnfeste. Die Zahlen der Turner und Zuschauer stiegen gleichermaßen und Stuttgart 1933 hatte schließlich 600.000 Teilnehmer. Diese Zahlen und Hitlers Begeisterung für disziplinierte Menschenmassen unter Gleichschaltung der Turn- und SA- Bewegung  führten zur Forderung an Werner March das Maifeld (für Hitler war es das Aufmarsch – Gelände) in einer Größe auf dem Reichsportfeld  zu gestalten,  die der Architekt aber unter Berücksichtigung der Landschaft und seinem Integrationsanspruch der Naturgegebenheiten erfolgreich  zumindest etwas reduzieren konnte.

Dennoch erlaubte das Maifeld auch in dieser Größe zwischen Glockenturm und Stadion imposante Menschenmassen und dazu ein Bild von Leni Riefenstahl aus ihrem Buch SCHÖNHEIT IM OLYMPISCHEN KAMPF mit dem Bild  Die Jugend auf dem Maifeld

 

Weiter nun auf  dem  Weg vom Annaheim über die Friesen – Allee begegnet man auf dem Reichssportfeld  namhaften und prägenden Persönlichkeiten der deutschen Sportgeschichte.

 

Gleich anschließend an den Georgii – Platz ist östlich der HUEPPE – Platz gelegen

 

Ferdinand Hueppe (*24.8.1852 † 15.9.1938)  war Mediziner unter Robert Koch in Berlin und wurde Ordinarius für Hygiene in Prag und zahlreiche Schriften stammen aus seiner Feder. Im oben vorgestelltem Buch von Hueppe  aus dem Jahr 1910 reicht das Spektrum von der damals aktuellen Olympiade in Athen im Jahr 1896 mit einem Bild  amerikanischer Sportler bis hin zu ausgiebigen  Betrachtungen des antiken  Sportwesens. Selbst begeisterter Sportler und Fußballer reichte seine Karriere vom Kampfrichter der Olympiade in Athen 1896 über  die Mitbegründung im Jahr 1898 des heutigen Deutschen – Leichathletik – Verbandes bis zur Gründung des Deutschen Fußball – Bundes im gleichen Jahr  und in diesem Fall wurde er  auch noch erster Vorsitzender des DFB.

Dem Hueppe – Platz folgt nun auf dem Weg zum Sportforum direkt anschließend der ebenfalls oben auf dem Lageplan abgebildete August – Bier – Platz in Sportfeldausführung. August Bier (*24.11.1861 † 12.3.1949) wurde auf dem 71. dt. Ärztetag mit einem Sonderstempeleinsatz am 22.5.1968 bedacht. Nach dem Studium zeichnet sein Lebensweg vielfältige Stationen unter anderem als erfolgreicher Chirurg mit Einführung der Periduralanästhesie (mit dem Amerikaner Corning auch Erstanwender), Hochschullehrer, Protagonist der Sportbewegung seiner Zeit, Marinegeneralarzt im 1. Weltkrieg.  Schreckliche Erfahrungen in den Kriegslazaretten führten unter seiner Regie zur Empfehlung und Entwicklung des Stahlhelms (M1916). Den Krieg konnte er nicht heilen, aber mit dem Stahlhelm die Zahl der schrecklichen  Kopfverletzungen reduzieren.

 

Ich habe einmal die Zahl der Stahlhelme auf deutschen Briefmarken (1935 – 1945) unter der Lupe ermittelt und bin auf 55 Soldaten auf 17 Briefmarken gestoßen. Obwohl meinerseits nicht mit Ausgaben aus  Russland, China und Nordkorea verglichen, liegt hier vermutlich ein weiterer  negativer deutscher Rekord vor

 

Zurück zu August Bier mit seinem Sportengagement. Im Jahr 1920 wurde er erster Leiter der Hochschule für Leibesübungen in Berlin und Carl Diem war zunächst sein  Stellvertreter. Hoch geehrt auch mit dem umstrittenen Deutschen Nationalpreis für Kunst und Wissenschaft  im Jahr 1937 hat  sein Name auch auf dem  Reichssportfeld „seinen Platz gefunden“.

Bevor ich Bezug nehme auf den Hans – Braun -  und auch Gebhardt – Platz möchte ich zunächst aus chronologischen Gründen der deutschen  Sporthistorie und ihrer Würdigung auf dem Reichssportfeld  zunächst den Schenckendorff – Platz aufgreifen.

 

Emil von Schenckendorff (*21.5.1837 † 1-3-1915) war preußischer Abgeordneter, Stadtrat von Görlitz und unermüdlicher Kämpfer für die körperliche Erziehung der deutschen Jugend. Seine nationale Einstellung  war in all seinen Schriften Basisgrundsatz  zur Verbesserung der handwerklichen  Fähigkeiten der männlichen Jugend  und mit seiner Gründung im Jahr 1891 des Zentralausschusses  zur Förderung der Jugend und Volksspiele  und Unterstützung  durch Goßler  aus dem preußischen  Kultusministerium wurde die körperliche Erziehung in allen Schulbereichen bis hin in die Hochschulen - wenn auch in kleinen Schritten - etabliert. Mit seiner umfassenden Einstellung war auch die weibliche Jugend angesprochen, aber dem Zeitgeist entsprechend war  bei guter körperlicher Ertüchtigung  der männlichen Jugend eine  Verbesserung der Wehrkraft eine „wünschenswerte Begleiterscheinung“. Durchaus differenziert und kritisch beobachtete er im Jahr 1894/95 ebenso wie die deutsche Turnerschaft die Bemühungen  von Baron de Coubertin in Paris internationale Sportspiele im Geiste des antiken Olympias zu etablieren. Schenckendorff  stand einer Beteiligung in Athen 1896 schon aus Gründen  befürchteter französisch – britischer Bevormundung  ablehnend gegenüber und lag mit Ferdinand Götz  aus dem Turnverband  auf einer Linie. Bei weiterem Interesse ist die obige Schrift von Dr. Fritz Schmidt  (aus dem Jahr 1919)  empfehlenswert.

Über den GuthMuths -Weg und  Abbiegen in die Hanns – Braun – Straße geht es noch einmal zurück zum Hanns – Braun – Platz vorbei am Gebhardt Platz (Vorstellung ebenso wie Sportforum an späterer Stelle)

 

Interessant auf der obigen Topografie die doppelt gestrichelte und gebogene Linie von der Süd-Ost-Ecke in der Ostlaube am August – Bierplatz  vorbei am Schwimmstadion zum Olympiastadium. Hier war eine Tunnelführung für die Sportler eingerichtet, um anfangs den Weg um die Pferderennbahn zum Stadium zu vermeiden und ein zudem ein wetterfester Weg.

Nachdem die bisherigen Vorstellungen mit Persönlichkeiten der deutschen Sporthistorie  mehr die Etablierung der „Verbandsgeschichte und den  Funktionärsbereich“ aufzeigten, kommt mit Hanns Braun (*26.10.1886  † 9.10.1918) ein erfolgreicher deutscher Leichtathlet  zur Ehre der Namensgebung eines Sportplatzes auf dem Reichssportfeld  und in Würdigung seiner Erfolge wurde er zudem im Jahr 2008 in der  Hall of Fame des deutschen Sports aufgenommen. Zweimal kamen in München zu Ehren  von  Hanns – Braun –  Sportfesten Sonderstempel zum Einsatz im Jahr 1939 und 1971. München vermutlich nicht von ungefähr, da dies auch die Geburtsstadt von Hanns – Braun war. Der Münchner Stempel aus dem Jahr 1939 sollte besser einmal an dieser Stelle  nicht als Hauptstadt im Sinne der NS – Ideologie interpretiert werden sondern  als Hauptstadt der sportlichen Bewegung.

 

Die Briefmarke zu 6 Reichspfennigen mit dem Sportfeld war dem Satz zum Deutschen Turn- und  Sportfest in Breslau 1938 (24. bis 31.7.) entnommen  und dazu zumindest an dieser Stelle ein passender Beleg mit Sonderstempel Breslau.

 

Hanns Braun war bei den olympischen Spielen 1908 in London und 1912 in Stockholm erfolgreich und  mit zahlreichen deutschen Meistertiteln als Läufer über 400, 800 und 1500 Meter und im Staffellauf.

 

Fortsetzung  folgt