Berlin Reichssportfeld und Sportorganisationen
6. Fortsetzung
14.11.2023
Die Turnbewegung fand natürlich weiterhin auch ihren Weg in den Hochschulbereich und die Festveranstaltungen unter dem Begriff DEUTSCH – AKADEMISCHES OLYMPIA führen an die Universitäten u.a. in Breslau, Danzig und auch Leipzig.

Die Veranstaltung vom 16.-19. Oktober 1913 in Leipzig verknüpft sich über Jahre mit dem Namen von KUHR, der seit seiner studentischen Begeisterung aktiv für die akademische Turngemeinschaft der Hochschule und ihrer Organisation seine ganze Kraft einsetzte. Nach erfolgreichem Studium als promovierter Gymnasiallehrer führte ihn seine Sportkarriere im Jahr 1908 zum Universitäts – Turnlehrer und er gründete 1913 die „Vereinigung deutscher Hochschulturnlehrer“. Bei den olympischen Spielen 1912 in Stockholm sprang er sogar ersatzweise für den Deutschen Turnerbund mit seiner Leipziger Studentenmannschaft ein.
An dieser Stelle ist durchaus die Erwähnung der teils vielschichtigen studentischen Sportbewegungen zu dieser Zeit angebracht und interessant in diesem Zusammenhang der ASB – Akademische Bund für Leibesübungen von 1909 (später mit dem Zusatz Deutscher Akademischer Bund für Leibesübungen). Dieser war aus dem Berliner Sportclub (BSC) hervorgegangen mit seinem Vorsitzenden Carl Diem. Für ein Olympia in Berlin sind dann gemeinschaftlich die Anstrengungen unter Asseburg, Podbielski, Lewald und Diem anzuführen und die Stadionpläne wurden unter der Perspektive möglicher olympischer Spiele in 1912 entwickelt und schon für den Innenbereich der Rennbahn 1909 berücksichtigt. Das Deutsche Stadion plante Otto March also versenkt und ohne Sichtbehinderung innerhalb Pferderennbahn. Der Bau mit integriertem Schwimmbad im nördlichen Bereich konnte zwar nicht mehr für die Olympiade 1912 fertig erstellt werden, aber am 8.6.1913 war dann feierliche Eröffnung und dazu zunächst eine Hommage an Baron de Coubertin mit seinem Konterfei auf einer Briefmarke mit passendem Sonderstempel und einer Illustration mit dem Poststempel Berlin – Grunewald vom Eröffnungstag des Stadions am 8.6.1913.

Das folgende Ensemble zeigt das Stadion bei der Einweihungsfeier durch Kaiser Wilhelm den II., der zudem an diesem Tag sein 25jähriges Thronjubiläum feierte und die Internationalen Motivgruppen Olympia und Sport (IMOS) haben sowohl nach 90 und 100 Jahren mit passenden Belegen dokumentiert. Hervorzuheben sicherlich das eingedruckte Wertzeichen als PLUSBRIEF INDIVIDUELL mit Tagestempel Berlin – Grunewald 8.6.1913.

Die Kriegsereignisse 1914 bis 1918 verhinderten die geplanten olympischen Spiele in Berlin für das Jahr 1916 und auch zu diesem eigentlich unerfreulichem Ereignis, hat die IMOS dennoch daran erinnert in Kombination zu ihrem eigenen 50jährigen Jubiläumskongress in Berlin vom 19. bis 22.5.2016.

Die deutsche Sportbewegung war auch trotz des 1. Weltkrieges weiterhin erfolgreich und folgend einmal aus dem SÜDWESTDEUTSCHEN VERBAND eine Postkarte aus dem Jahr 1917 mit Hinweis zur LEICHTATHLETIK und nun stand nicht mehr nur das Turnen im Vordergrund sondern explizit die Erweiterung zum umfassenden OLYMPISCHEN SPORT mit seinen vielen Disziplinen!

Theodor LEWALD (rechts) als Präsident des Deutschen Reichausschusses für Leibesübungen und Carl DIEM (links) als Generalsekretär (Fotos Cigaretten-Bilderdienst-Hamburg-Bahrenfeld) hatten nach dem 1. Weltkrieg unermüdlich und schließlich erfolgreich neben dem Stadionbau auch für die Gründung eines DEUTSCHEN SPORTFORUMS als Hochschule mit umfassender Forschung und Lehre geworben und dazu wurden erste behelfsmäßige Bauten zunächst dem Deutschen Stadion nördlich angefügt.

Erweiterungspläne und Vorstellung eines Gesamtkonzeptes und entsprechende umfangreiche Gestaltung zum SPORTFORUM führten dann zum ausgeschriebenen Architektenwettbewerb.
Dazu einmal u.a. der Architektenplan SEIFFERT u. BIEBENDT ( aus deutscher Bauzeitung Nr. 32/40 Jahrgang 1926)

und folgend der siegreiche Entwurf der Gebrüder der Gebrüder
WERNER u. WALTER MARCH

Carl Diem empfand diese Entscheidung des Preisgerichtes im Jahr 1925 übrigens als etwas zweifelhaft. Die Überarbeitung und Durchführung schließlich nur unter Werner March erfolgte dennoch im weiteren Verlauf und in den späteren Umbauplänen und Ausführungen zum Olympiastadion 1936 waren Carl Diem und Werner March unbestritten auf gemeinsamer positiver und konstruktiver Linie.
Dazu der Verkehrsplan zum Reichsportfeld zur Olympiade 1936 der Berliner Verkehrsmittel.
Farbe rot kennzeichnete die Straßenbahn auf der Stadion – Allee, die S – Bahnhöfe Reichssportfeld und Pichelsberg in grüner Markierung, der U-Bahnhof Reichssportfeld am Rossiter Platz (Rossitten Stadt in Ostpreußen) blau markiert und Omnibus am olympischen Platz vor dem Osttor auf violettem Feld (Gesamtkapazität ca. 125.000 Personen pro Stunde). Die Autoachsen aus östlicher, südlicher und westlicher Zufahrt mit der Olympischen-, Reichssportfeld- und Glockenturm – Straße.

Aus dem Konzept des geplanten Sportforums wurde ein erstes Gebäude mit der Deutschen Turnschule im Jahr 1926 errichtet.
Unmittelbar an der Friedrich Friesen lag das Frauen- oder Annaheim (Anna Böß war die Ehefrau des Berliner Oberbürgermeisters Gustav Böß). Bau des Frauenheims schon 1927/28 unter Werner March (s. unten zeitgenössische Ansichtskarte) und ist aktuell Sitz der Olympiapark – Verwaltung.

dazu eine Fotoansichtskarte mit Poststempel 22.10.1928.

Dieses Turnhaus wurde für die späteren Bauten des Sportforums zu den olympischen Spielen 1936 gering umgebaut, eingefügt und in seiner Fassade angepasst und enthielt allein 4 Turnhallen ferner sieben Gymnastiksäle neben dem Umkleide- und Sanitärbereich.
Eine Teilnahme an den olympischen Spielen 1920 und 1924 in Antwerpen und Paris blieb Deutschland aus politischen Gründen in Verbindung mit dem 1. Weltkrieg verwehrt, aber im Jahr 1928 war es dann wieder soweit und die Kölner Turn- und Sportgerätefabrik Carl Schröder wirbt mit dem Hinweis als Lieferant für das 14. DEUTSCHE TURNFEST und die 9. OLYMPIADE IN AMSTERDAM auf einer illustrierten Postkarte mit vorderseitigem Bild von Turnvater Jahn

Fortsetzung folgt